Die Telefonie ist dabei Ihre Rolle im Kommunikationsmix neu zu erfinden. Die KMU-Zeitschrift Organisator hat dazu Felix Ruppanner, Country Manager von peoplefone befragt.
Der Schweizer Telekommunikationsmarkt ist oligopolistisch geprägt. Dennoch behaupten sich einige kleinere, vor allem B2B-orientierte, Dienstleister mit Erfolg. Sie können gerade für KMU massgeschneiderte, dabei aber jederzeit skalierbare Telekommunikationslösungen anbieten. Über neue Entwicklungen bei Technologie und Services sprachen wir mit Felix Ruppanner, Country Manager Schweiz bei peoplefone.
Herr Ruppanner, wir führen unser Interview per Microsoft Teams. Und auch sonst finden immer mehr Meetings auf diesem Weg statt. Hat die klassische Telefonie ausgedient?
FELIX RUPPANNER: Nein, die klassische Telefonie hat überhaupt nicht ausgedient. Wir vereinbaren zwar fixe Gesprächstermine oder virtuelle Meetings mit Personen, die wir kennen, über Microsoft Teams, aber das Telefon ist für eine erste Kontaktaufnahme immer noch das Mittel der Wahl. Eine Telefonnummer gehört für Firmen nach wie vor auf eine Visitenkarte und stellt ein wichtiges Kontaktmedium dar. Das hat sich überhaupt nicht geändert.
Im Frühjahr 2023 führte Ihr Unternehmen einen virtuellen Strategietag durch. Dort lautete das Motto «Telekommunikation neu erfinden». Was genau muss denn neu erfunden werden: Die Technologie oder der Umgang damit?
Sehr wahrscheinlich beides. So wurde während der Pandemie zunehmend wichtig, wie sich ein Kollaborationstool wie Microsoft Teams mit der Telefonie verbinden lässt. Die Integration verschiedener Systeme ist daraus folgend zu einem grossen Bedarf für Unternehmen geworden. Unsere Aufgabe besteht nun darin, Telekommunikationslösungen in andere Systeme zu integrieren, etwa in CRM oder ERP. Da gibt es viele Anwendungsfelder. Den Strategietag nutzen wir jeweils, um zusammen mit unseren Installationspartnern neue Lösungen auszurollen.
Als wie «fit» erleben Sie und Ihre Installationspartner denn Ihre Kunden im Bereich zeitgemässer Telekommunikation? Wo besteht am meisten Nachholbedarf und gibt es dabei Unterschiede zwischen den Branchen?
Heute hat fast jedes Unternehmen ein solches Werkzeug im Einsatz. Das sogenannte Hybrid Work wurde zum Alltag. Was wir jetzt erleben, ist eine zweite Welle: Man hat während der Pandemie neue Kommunikationstools implementiert, und nun geht es darum, diese mit der bestehenden Telefonie und anderen Systemen zu verknüpfen. Parallel dazu erleben wir aber auch, dass viele Unternehmen, die vor Jahren, als ISDN abgeschaltet wurde, auf VoIP wechseln mussten, noch über keine Cloud-Lösung verfügen. Diese kommen jetzt in die Lage, ihr altes System ablösen zu müssen. Das heisst, es findet eine weitere Welle der Verschiebung von On-Premise-Lösungen aus dieser Zeit in die Cloud statt. Diesbezüglich gibt es kaum Unterschiede zwischen den Branchen; es zeigt sich eher, dass Firmen mit einem regen Austausch mit Kunden weiter sind als solche, die «im Stillen» arbeiten.
Und da lautete ja in einer Podiumsdiskussion anlässlich des peoplefone-Strategietags die These: Gute Tools führen zu guten Mitarbeitenden. Doch welche Tools wollen die Mitarbeitenden denn und was entscheiden ihre Geschäftsleitungen? Das heisst, besteht ein Gap zwischen Wunsch und Wirklichkeit?
inen solchen Gap gibt es gewiss. Mitarbeitende wollen in erster Linie ein Tool, das ihnen ihre Arbeit erleichtert. Die Geschäftsleitung wiederum möchte ein Werkzeug, welches die Produktivität erhöht oder hilft, die Interaktion zwischen Mitarbeitenden und Kunden zu verbessern. Dazwischen gibt es eine Schnittmenge – aber eben auch Lücken. Während es für einen Aussendienstler wichtig ist, unabhängig vom Gerät überall und nahtlos seine Informationen greifbar zu haben, hat ein Supportmitarbeiter andere Bedürfnisse. Wenn die Geschäftsleitung und die IT sich in eigener Regie für ein Tool entscheiden, kommt es meistens nicht gut heraus. Es ist in jedem Fall besser, die Mitarbeitenden in die Entscheidungsfindung einzubeziehen und den besten gemeinsamen Nenner zu finden. Ein gutes Beispiel ist Microsoft Teams, das heute wohl von den meisten Personen schlicht als Videokonferenztool verwendet wird.
Ja, auch ich persönlich schöpfe die technischen Möglichkeiten dieses Tools längst nicht aus.
Es ist womöglich auch eine Generationenfrage. Jede Generation nutzt jene digitalen Tools, mit denen sie aufgewachsen ist. Wir etwa gehören zur E-Mail-Generation. Die Generation nach uns muss man fast zu E-Mail-Kommunikation zwingen, weil sie viel lieber mit Chat-Protokollen arbeitet.
Wie kombinieren Sie Video- und konventionelle Telefonie in Ihrem Produktportfolio?
Das läuft über drei Standbeine. Wir bieten erstens Kollaborationsmöglichkeiten über Microsoft Teams an – von ganz einfachen und pfannenfertigen bis hin zu komplexen und individuellen Anwendungen. Das hängt natürlich immer von den Bedürfnissen des jeweiligen Unternehmens ab. Ein kleines KMU ist schon allein mit einer einfachen Integration via Operator-Connect-Lösung glücklich, auch ohne grosse Telefonanlagefunktionen. Eine grosse Firma hingegen wird eher mit einem dedizierten Session Boarder Controller arbeiten, mit dem sich individuelle Lösungen bauen lassen. Zweitens pflegen wir eine enge Zusammenarbeit mit Telefonanlageherstellern, die bereits selbst Kollaborations- und Videokonferenztools in ihre Lösungen eingebaut haben. Da sind wir zusammen mit unseren Partnern im Vertrieb tätig und können auf diesem Weg grosses Know-how an die Kunden vermitteln. Drittens bieten wir eine eigene Videotelefonielösung an: «peoplefone meet». Diese ist gut in bestehende Softwarelösungen integrierbar. Dort können wir auch garantieren, dass die Datenspeicherung in der Schweiz verbleibt und alles von hierzulande gehostet wird. Zu diesem Zweck betreiben wir zwei Rechenzentren.
Wenn wir von Telefonanlagen sprechen: Da handelt es sich wohl längst nicht mehr um Hardware?
Physische Telefonanlagen sind selten geworden. Das ist vielleicht noch dort der Fall, wo eine Firma sich – etwa aus Sicherheitsgründen – verpflichten muss, alles im eigenen Haus zu haben. Die Realität hingegen findet in der Cloud statt. Da gibt es inzwischen viele innovative Anbieter wie z.B. 3CX. Diese haben ihre Lösungen direkt für die Cloud entwickelt, was aus Komplexitätsgründen und auch preislich heute viel attraktiver ist.
Was wird von den Kunden am meisten nachgefragt?
Da sind vier Produkte zu nennen, die den Grossteil des Marktes ausmachen: Die klassische VoIP-Verbindung über SIP-Trunk. Diese ist hochkompatibel – man kann also fast alles dranhängen. Solche Anfragen bearbeiten wir am häufigsten. Dann unsere Lösung «peoplefone hosted»: Das ist eine einfache Telefonanlage, ausgerichtet auf KMU mit bis zu 100 Mitarbeitenden. Diese ist kostengünstig und kann einfach in Betrieb genommen werden. Wie schon erwähnt, gehört auch die Integration von Telefonie in Microsoft Teams zu den am meisten nachgefragten Lösungen, Tendenz weiter steigend. Und zuletzt sind da die virtuellen Telefonanlagen von Drittherstellern, wie z.B. 3CX.
Wie anspruchsvoll ist da der Umgang mit den unterschiedlichsten Systemlandschaften, die Sie bei Ihren Kunden antreffen?
Dafür haben wir unsere Integrationspartner. Diese kennen die Situation bei ihren Kunden am besten. Wir werden von den Integrationspartnern ins Boot geholt, um mit dem Kunden die angestrebte Veränderung zu erreichen. Oft geht es dabei um einen Providerwechsel, den Gang in die Cloud oder die Vereinfachung der bestehenden Kommunikationsinfrastruktur. Es gibt viele Beispiele für die Konsolidierung bestehender Systeme – und jede Situation ist anders. Man muss einfach aufpassen, dass mit jedem neuen Tool die Komplexität des Gesamtsystems nicht noch weiter zunimmt.
Was sind die nächsten Meilensteine, zunächst allgemein technologisch?
Videotelefonie steckt eigentlich noch in den Kinderschuhen. Es besteht nach wie vor ein grosser Gap zwischen der Gesprächsführung per Video und der persönlichen Interaktion. Da werden wir in naher Zukunft viele Innovationen zu sehen kriegen, die die Lücke zwischen persönlichen und virtuellen Meetings verkleinern werden.
Und wie sieht es bei Produkten und Dienstleistungen von peoplefone aus?
Es wird noch vermehrt um die Integration von verschiedenen Systemen gehen. Wir streben dabei eine einfache Integration unserer Kommunikationslösungen in andere Geschäftssoftwares an und möchten in Zukunft vermehrt die Softwareentwickler in anderen Bereichen direkt angehen. Der Bereich Mobile Messaging wird für uns interessant werden. Heute ist es zwar normal, dass man z.B. von Arztpraxen per SMS an Termine erinnert wird. Die Anwendungsbereiche sind aber bedeutend vielfältiger. Ein Beispiel ist die immer öfter eingesetzte Zwei-Faktor-Authentifizierung. Dann wird nicht nur die Kommunikation von Personen für uns im Fokus stehen, sondern auch immer mehr die von Geräten. Das Stichwort lautet hier IoT (Internet of Things).
Lesen Sie hier das Originalinterview aus dem Organisator, Ausgabe 7-8/2023
07.09.2023, von Felix Ruppanner