Bei der Podiumsdiskussion auf dem peoplefone Strategie Tag ging es um die Rolle der IT-Systemhäuser – und wie sie diese in Zukunft definieren.
Lebhaft, kurzweilig und informativ ging es zu auf dem virtuellen Podium des Telefonie-Providers. Diskutiert wurde über Kundenwünsche, die Integration von Teams, moderne Arbeitswelten, Lizenzgeschäft und Fachkräftemangel. Dem, geht es nach peoplefone-Deutschland-Chef Felix Pflüger, am besten über Kooperationen begegnet wird. Die gelingen unter den Systemhäusern, wenn „ein paar Spielregeln eingehalten werden“, wie es Jan Emmerich formuliert. Dazu gehören für den Sprecher von New Media Service Deutschland vor allem klare Absprachen und der berühmte „eine Ansprechpartner“ in Richtung Kunden.
René Steimen von Bouygues aus der Schweiz betont im Call, der von Telecom Handel Redakteurin Waltraud Ritzer moderiert wurde, dass Mitarbeiter nicht in allen Fachbereichen tiefes Wissen vorhalten könnten und deshalb das Kooperieren von IT-Systemhäusern unerlässlich sei. Manuel Domeisen von Weibel IT, ebenfalls aus der Schweiz, sieht vor allem für kleinere Partner den Vorteil, dass diese von günstigen Einkaufskonditionen profitieren können, wenn sie mit Weibel IT zusammenarbeiten.
Ansonsten sah Domeisen es als wichtig an, die Balance zu halten, zwischen Change-Geschwindigkeit und dem Mitnehmen der Beschäftigten. Worauf Steimen betont, dass gerade die viel gescholtenen älteren Kollegen sehr wohl auf dem neusten Stand der Technik seien und durch ihre Erfahrungen aus der „alten Welt“ Prozesse gut managen können. Um dem Mangel an guten Leuten zu begegnen, setzt Michael Egl von Comject aus Deutschland auf die eigene Ausbildung: „Die Leute bleiben da“, so der Chef von zehn Mitarbeitern, der ein Macbook für Jobstarter genauso für unerlässlich hält, wie die gute Bezahlung.
Ums Bezahlen ging es auch im Themenblock MSP contra Projektgeschäft. Die These von Moderatorin Ritzer, dass Services immer stärker von Unternehmen nachgefragt würden, stützte Manuel Oberreiter von Phonedata. Der Österreicher verwies auf Streaming Angebote, die längts in allen Haushalten verfügbar seien. „Für Netflix oder Apple-Music monatlich zu bezahlen, ist zur Normalität geworden“, so Oberreiter.
So ganz teilen wollte Egl diese Ansicht nicht. „Telefonanlagen zu mieten gab es schon immer“, so der Oberpfälzer. Dessen Firma keine deutliche Verschiebung Richtung Lizenzservice wahrnehme. Es vielmehr davon abhänge, wie Kunden ticken. Einigkeit gab es beim Aspekt Kundenbindung mittels Betreibermodelle. Denn die würde durch regelmäßige und pauschal honorierte Updates, Wartung und Schulung erhöht – und sein willkommener Teil einer künftigen Ausrichtung. Wobei diese laut Emmerich vor allem getrieben sei durch die Tech-Konzerne wie Microsoft, „die seit Jahren den Weg Richtung Lizenzangebot ausbauen“.
Richtig spannend wurde die Diskussion beim Thema Modern Work Place. In modernen Arbeitswelten spiele Teams eine immer größere Rolle, lautete eine These. Wobei Moderatorin Ritzer wahrnimmt, dass die Kommunikationssoftware auch als Zeitfresser gesehen werde. Etwa weil Kunden ihre Mitarbeiter kaum schulen bzw. selten bereit seien dafür zu bezahlen.
Dieses Dilemma sieht auch Domeisen, der gleichzeitig einen Wandel der Systemhäuser erkennt: Weg vom reinen IT-Dienstleister, hin zu einem Prozessberater. Denn auf die Fragen, wie in Firmen die Transformation ablaufe oder die Kommunikationsstrategie aussehen, ernte der Schweizer oft Schulterzucken. Oft hätten Unternehmen auf eigene Faust Programme installiert, damit in der Pandemie Remote-Arbeit schnell möglich gewesen sei. Auf der Strecke sei dabei jedoch die Struktur geblieben.
Hier müssten nach Meinung von Domeisen und Steimen moderne IT-Systemhäuser ansetzen und Kunden beraten. Dieses Neukundenpotential will auch Oberreiter heben. Denn allzu oft seien durch das Schnell-Schnell während der zurückliegenden drei Jahre Sicherheitslücken in der Kommunikation via Telefon, Video und Chat entstanden, die mit Hilfe der IT-Systemhäuser geschlossen werden können.
Denn der Alltag sehe nun mal so aus, wie ihn Domeisen zuhause erlebe: Der Sanitär-Handwerker, der die neue Waschmaschine anschließt, ruft den Kollegen in der Firmenzentrale an und bittet um Hilfe. „Schick mir per WhatsApp ein Foto“, sei der Auftrag gewesen. Diese schnelle Kommunikation erleben derzeit alle Betriebe, vom großen Produktionsunternehmen über Altenheime bis zum Drei-Frau-Handwerksbetrieb.
Was letztlich zur Schicksalsfrage der Telefonie führte. Wird diese von Team & Co. Abgelöst? „Nein!“, sagt Egl felsenfest. Nicht alle arbeiten im Büro oder remote auf Bali. Angefangen von der Pflegekraft über den Gärtner bis zum Staplerfahrer gebe es nach wie vor produzierende und dienstleistende Gewerke, die eben nicht alle einen Laptop haben, sondern als erstes Kommunikationsmittel das Telefon einsetzen. Und das auch in Zukunft.
08.03.2023, von Jörg Hummer